GPS Live Tracking

Join the team on their adventures via the GPS Tracking System!

Live GPS Tracking

Mittwoch, 12. Mai 2010

Franz Kafka an der syrischen Grenze

6. Mai, Tageskilometer: 750 km, Abfahrt Ankara: 18:30, Ankunft Syrische Grenze: 00:45


Für den heutigen Tag war eine Gewaltroute geplant: Um das angeblich bis zu 24 Stunden dauernde Prozedere beim Grenzübertritt nach Syrien so kurz wie möglich zu gestalten, sollte dieser möglichst bei Nacht überquert werden, was einem Etappenziel von 750km entsprach.

Frühmorgens wieder das Zittern um Queen 3, nach rund 10 minütiger Starthilfe für die tote Batterie konnte es allerdings losgehen.


Der Beginn der Strecke gestaltete sich relativ ereignislos, nach einer Weile wurde die Landschaft rundherum interessanter und eine Zeit lang fuhren wir einen 80km langen Salzsee entlang, der – passend zur Queen – in unterschiedlichen Rosatönen schimmerte.

Um unseren Motor irgendwann mal wieder angstfrei abschalten zu können, beschlossen wir, der Queen eine neue Batterie zu spendieren. Der lokale Mechanikerstrich war schnell gefunden, da haben wir mittlerweile eine gute Nase dafür. Der Einbau selbst dauerte nur 2 Minuten, den lokalen Batteriehändler davon zu überzeugen, uns eine gebrauchte Batterie statt einer nagelneuen zu geben, war in etwa 15 Minuten erledigt. Kurz darauf fuhren wir mit neuer Power und nur um 20 Euro leichter weiter.


Die Landschaft wurde nun immer atemberaubender, im Nationalpark Göreme bewunderten wir die unwirklichen Gesteinsformationen und schneebedeckte, vulkanförmige Berge am Horizont und gönnten uns eine kurze Mittagspause. Unsere nächsten Rallyeaufgaben waren eine bestimmte Wurst in Kayseri zu verkosten und in Gaziantep das Strassenschild des Duisburg Boulevards zu fotografieren. Die südtürkischen Städte überraschten uns mit enorm gut ausgebauter Infrastruktur und Sauberkeit auf Strassen und Städten, von denen sich so manch mittel- bis osteuropäische Stadt noch was abschauen kann. Kurz vor Mitternacht kamen wir an der türkisch-syrischen Grenze an, eigentlich nur mit dem Ziel zu sehen, wie lange die Wartezeiten sind, aber wer einmal in dem Grenzprozedere drin ist, kommt natürlich nie wieder raus.


Ein Grenzübertritt mit Auto nach Syrien muss es gewesen sein, was Franz Kafka zu seinen Romanen inspirierte. Für jene unter euch, die es mal ausprobieren wollen, so gehts:


In langer Rallyeautoschlange warten und keinen Plan haben was zu tun ist. Mal vorgehen und nachfragen. Vom Teeverkäufer erfahren, dass man zuerst Euro in Syrische Pfund wechseln muss fürs Bezahlen der Autoversicherung. Realisieren, dass man keine Euro mehr hat. Clara mit hilflosem Mädchenblick mit den Wechselmenschen verhandeln lassen. Geld in Empfang nehmen, 2 Schalter weiter Geld gegen Autoversicherungszettel umtauschen und sich 2 Euro von einem anderen Team für die offizielle Bestechung des Beamtens ausborgen. Mit den Papieren und allen Pässen Straßenseite wechseln und Passformalitäten klären. Erfahren, dass das mehrere Stunden dauern kann. 10 Euro in den Pass stecken und nach 10 Minuten von überaus freundlichen Zöllnern abgefertigt werden. Den einzigen Mann im Team nur für niedere Arbeiten heranziehen („Benny, stell dich da an, aber sag nicht, dass du zu uns gehörst!“) um den hilflosen Mädchenbonus in einem arabischen Land für den eigenen Vorteil zu nutzen. Rätselraten obs des weiteren Vorgehens….


Um es abzukürzen: um ca. 3:30am waren wir mit allem - auch den Nerven – fertig und fielen auf den ersten Parkplatz nach der Grenze ein. Dort hatte sich ein Spontancampingplatz mehrer Teams gebildet, und so übernachteten wir die 2. Nacht in Folge in Zelten und Autos.


Das letzte Mal geduscht hatten wir auf einem anderen Kontinent, aber das schien hier keinem negativ aufzufallen. Der durschschnittliche Rallyeteilnehmer ist ein mittelalterlicher, bärtiger männlicher Mechaniker, welcher sich um sein Auto mehr kümmert, als um Nebensächlichkeiten wie Körperpflege. Nachdem uns unsere Methode des Autostarten per Kupferdraht-Kurzschließen ja bereits vor Tagen den Ruf des Ghettoteams einbrachte („You’re so GHETTO!“), wurden wir mittlerweile diesem Ruf vollkommen gerecht, selbst die Reinigung mit Frischetüchlein hatten wir mittlerweile aufgegeben.

Ende des Tages mit selbstgekochten Raviolis und Bier.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen